Samstag, 31. August 2024

Tag 13: Sabaya - Huachacalla

Heute nur ein kurzer Tag, daher mal ein ganz anderes Thema: 

Wenn sich Radfahrer über Routen und Unterkünfte austauschen, dann fällt in Südamerika häufig der Begriff "suicide shower", also Selbstmord-Dusche.
Gemeint ist damit: ja, es gibt eine Dusche mit Warmwasser, aber das Warmwasser wird im Duschkopf mit 220 Volt erzeugt. Die suicide-shower ist quasi Lateinamerikas Beitrag zum Weltkulturerbe.

Wer schon mal elektrische Geräte installiert hat, der hat sich bestimmt darüber geärgert, dass die aus dem Gerät herausragenden Kabel äußerst kurz sind. So auch hier: Die im Duschkopf vorinstallierten Kabel sind nur wenige Zentimeter lang und werden dann mit den aus der Wand ragenden Leitern verbunden. Wenn man Glück hat, dann sind die Verbindungsstellen mit Isolierband umwickelt - was für die Funktion des Duschkopfes natürlich nicht erforderlich und strenggenommen überflüssig ist.

Eingeschaltet wird der Duschkopf durch das Betätigen einer Sicherung, die aus Konfort-Gründen in der Nasszelle installiert ist, um mit tropfnasser Hand während des Duschens erreichbar zu sein.

Da die Steuerung des Systems über die Sicherung nur die Zustände "an" und "aus" kennt, erfolgt die Temperaturregelung über den Wasserdurchsatz, also den Volumenstrom (bitte entschuldigt das Wortspiel, ein Physiker würde mich umbringen). 
Die suicide-shower kombiniert die tödlichen Elemente Strom und Wasser und genau das wirkt auf mich beunruhigend. Angeblich sind die Dinger relativ sicher, solange man sie nicht berührt, was auch wieder so ein Thema ist, da ich einen Kopf größer bin als die Leute hier vor Ort. 
Man kann sich ausrechnen, dass zum Erhitzen des Wassers einige kW erforderlich sind und in der Tat: mit Einschalten der suicide-Shower wird das Licht im Raum gedimmt. 


Tag 13: Sabaya - Huachacalla

Ruhetag: nach den 5 anstrengenden Tagen gönnen wir uns einen Ruhetag. Unser Tag fängt mit spätem Aufstehen und Frühstück im Bett an. Bedeutet ab 7.00 ist an Schlaf nicht mehr zu denken, weil das Bolivianische Arbeitsleben deutlich zu hören ist und Falko wirft den Gaskocher für Tee an und wir geniessen Tee und Kekse im Bett, da es a) im Zimmer zu kalt ist und b) es eh weder Tisch noch Stühle gibt.
Um 9.00 starten wir eine kurze 30 km Radtour zum nächsten Hotel in Huachacalla. Für die nächsten 120 km wird es keine Unterkunft mehr geben, daher werden wir morgen wieder zelten müssen. Wir geniessen den heutigen Tag:  
wir sitzen gerade auf dem Marktplatz, geniessen die Sonne , hören eine Band für das heutige Fest der "Principal Patrona Santa Rosa de Lima" proben. Die Heilige Rosa wurde 1586 in Lima geboren und wurde die erste und bedeutendste Heiligen der Neuen Welt. Rosa ist eine wichtige Patronin von Lima, Peru, Südamerika, Westindien und der Philippinen.
Speziell mit Huachacalla und Bolivien hat Rosa also nichts zu tun, aber man nutzt hier jede Gelegenheit für Fiestas. Wir sind (obwohl noch keine 15.00 Uhr) schon zu Tequilla eingeladen worden. Bin gespannt, was heute noch auf uns zukommt... Aber ich freue mich ersteinmal auf eine nicht durchgelegene Matraze. Für uns ein echter Luxus. Ob ich mich an die Dusche traue, weiss ich noch nicht (s. Falkos Beitrag). Ich lasse mal Falko den Vorrang. 

Freitag, 30. August 2024

Tag 12: Coipasa - Sabaya

Heute noch einmal Salzseefahren. Noch einmal gegen Wind, Kälte, UV-Strahlung und Sandsturm ankämpfen. Im Bereich des nördlichen Endes des Salinas de Coipasa ist es einfacher, über den Salar zu fahren als über das Festland, denn die Piste auf dem Festland steht für Sand, Schotter und Geröll.

Wie weit der Salar hier reicht, hat uns überrascht, das im Internet zugängliche Kartenmaterial ist diesbezüglich nicht immer korrekt. 

Im weiteren Verlauf fahren wir an drei nahe beinanderstehenden Steinbauten vorbei, bei denen es sich möglicherweise um Chullpas handelt. Chullpas sind Jahrhunderte alte Grabstätten, in denen wohlhabende Verstorbene mit einigen Grabbeigaben verbrannt wurden. 

Heute habe ich zum ersten Mal seit 5 Tagen wieder geduscht. Erschreckend ist nicht, wie lange ich nicht geduscht habe, erschreckend ist, wie egal es einem über die Tage wird.


Tag 12: Coipasa - Sabaya

Nach 5 Tagen sind wir zurück in der Welt der asphaltierten Strassen. 5 Tage auf Salz-  Schotter- oder Sandpisten. 5 Tage ohne Dusche. 5 Tage ohne geregelte Mahlzeiten. Das war ganz schön hart. Die ersten 2 Tage über den Salar de Uyuni waren noch super: 150 km über relativ glatt gefahrene Salzpiste inkl. einer geplanten Zeltnacht. Alles wunderschön. Aber die kommenden 3 Tage und 3 Nächte hatten es in sich. In Llica hatten wir wenigstens noch Strom in unserer Unterkunft (keine Dusche, keine Heizung, Gemeinschaftstoilette) und als Abendessen gab es frittierte Kartoffel mit frittierten Hühnchen und Reis (keinerlei Alternative möglich). Am Folgetag haben wir nur gut 20 km über eine Sandpiste geschoben. War das anstrengend: teilweise mussten wir zu zweit ein Fahrrad durch den Sand schieben. Alleine konnte man die schweren Fahrräder oft nicht bewegen. Und die Anstrengung auf gut 3600 Hm geht richtig auf den Kreislauf: an besonders schwierigen Stellen mussten wir nach 10m schieben anhalten um uns von der Anstrengung zu erholen. Das war richtig heftig. Und dann mussten wir mitten im Nirgendwo zelten. Am nächsten Morgen weiter über den kleineren und touristisch unbekannten Salar de Coipasa. Ich hatte mich so sehr auf die einfache Fahrt über den Salar gefreut, musste aber feststellen: dieser Salar ist ganz anders als der bekannte Salar de Uyuni. Während der letztere aussieht wie ein riesiges "Siedler von Catan"-Spiel mit seinen gleichmässigen 5 -oder 6- Ecken und total trocken und glatt gefahren ist, ist der kleinere Salar im Norden an vielen Stellen viel nasser und matschiger, ähnlich wie auf einer Skitalfahrt an einem Nachmittag Mitte April. Und da wo er nicht matschig ist, da ist er wie eine unebene pustelige Fläche.  Anstrengend.

Und dann schaffen wir es doch bis zum Zielort Coipasa. Um dort festzustellen: Übernachtung ohne Strom, ohne Dusche, ohne Heizung, ohne..., und im Ort keine Essensmöglichkeit. (Auch wenn Google Maps ein Restaurant anzeigt.) Immerhin gab es in dem einzigen Tante Emma Laden des 1000 Einwohner Dorfes eine Instant Nudelsuppe zu kaufen. Und heute haben wir dann die letzten 35 km auf nicht asphaltierer Strasse nach Sabaya geschafft. Wir haben ein Zimmer mit Dusche und Strom. Und "Restaurants" gibt es auch mit folgendem Gericht: frittierte Kartoffel mit frittierten Hühnchen und Reis. Diesmal sogar mit zusätzlichem Spiegelei. Wir sind wirklich glücklich. Total erschöpft, aber glücklich. Das waren harte 5 Tage. Aber gleichzeitig haben wir die faszinierende Landschaft erlebt und sehr, sehr freundliche, hilfsbereite und kommunikationsfreudige Menschen getroffen. Das ist ein Erlebnis. Ich würde wiederkommen, allerdings dann ohne Fahrrad.